Ist der Universalgutschein
ein Sachbezug
i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 3 EStG?

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Ist der Universalgutschein
ein Sachbezug
i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 3 EStG?

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1. Neuregelung des Sachbezugs für Gutscheine und Geldkarten

Häufig nutzen Arbeitgeber die Möglichkeit, Gutscheine oder Geldkarten als Sachbezug zukommen zu lassen. Seit dem 01.01.2021 müssen Gutscheine und Geldkarten neue Voraussetzungen erfüllen, um lohnsteuerlich Sachbezug zu sein. Gemäß § 8 Abs. 1 S. 3 EStG sind Gutscheinen und Geldkarten Sachbezug, wenn sie ausschließlich zum Bezug von Waren oder Dienstleistungen berechtigen und die Kriterien des § 2 Absatz 1 Nummer 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes erfüllen.

Das Bundesministerium der Finanzen („BMF“) hat die Neuregelung in einem Schreiben erläutert (BMF v. 13.04.2021, BStBl. I 2021, 624, „BMF-Schreiben“).

Aufgrund der o.a. Neuregelung muss jeder Gutschein und jede Geldkarte daraufhin überprüft werden, ob sie die Voraussetzungen eines Sachbezugs nach der Neuregelung erfüllt. In diesem Beitrag wird geprüft, ob ein sog. Universalgutschein die ab dem 01.01.2022 geltenden Voraussetzungen des Sachbezugs erfüllt, da der Universalgutschein nicht explizit in dem BMF Schreiben erwähnt wird. Im Weiteren nehmen wir an, dass der Arbeitgeber den Universalgutschein gem. § 8 Abs. 4 EStG zusätzlich zu dem geschuldeten Arbeitslohn gewährt.

 

2. Wie funktioniert ein Universalgutschein als Sachbezug?

Ein Unternehmen („Aussteller“) gibt einen Universalgutschein (digital oder in Papierform) im eigenen Namen und auf eigene Rechnung heraus. Der Universalgutschein verkörpert das Recht gegenüber dem Aussteller in den Geschäftsräumen des Ausstellers und/oder in dessen Webshop Gutscheine zu beziehen, die bei anderen Unternehmen, z.B. bei einem Elektrofachmarkt, eingelöst werden können („Zielgutschein“; zur rechtlichen Einordnung von Gutscheinen vgl. Köfel, WM 2017, 8333; Zwickel, NJW 2011, 2753).

Die Zielgutscheine kauft der Aussteller des Universalgutscheins im eigenen Namen und auf eigene Rechnung und auf Vorrat. Damit ist der Universalgutschein eindeutig von einer Vermittlungsplattform zu unterscheiden, auf der Gutscheine im Namen und auf Rechnung der Zielgutscheinaussteller vermittelt werden. Der Universalgutschein ist nicht bei anderen Unternehmen, nicht gegen Bargeld, Devisen etc. einlösbar. Ebenso ist mit dem Universalgutschein keine Überweisungsfunktion (z.B. Paypal) verbunden und er verfügt auch über keine IBAN.

Der Arbeitgeber erwirbt von dem Aussteller monatlich dessen Universalgutschein und stellt ihn seinem Arbeitnehmer zur Verfügung. Der Arbeitnehmer erhält demnach ein unmittelbares unentziehbaren Bezugsrecht gegenüber dem Aussteller des Universalgutscheins.

 

3. Trennung zwischen steuerbarer Lohnzuwendung und nicht steuerbarer Lohnverwendung

Bei jeder lohnsteuerlichen Prüfung sind zwei Sachverhalte strikt voneinander zu trennen. Die lohnsteuerbare Zuwendung ist von der lohnsteuerlich nicht steuerbaren Lohnverwendung zu unterscheiden. An diesem lohnsteuersystematischen Grundprinzip hat auch die o.a. Neuregelung für Gutscheine und Geldkarten nichts geändert.

 

4. Was ist der Gegenstand der Lohnzuwendung?

Wie in dem vorigen Abschnitt dargestellt wurde, erhält der Arbeitnehmer mit dem Universalgutschein ein Bezugsrecht gegenüber dem Aussteller des Universalgutscheins, d.h. der Arbeitnehmer hat einen unmittelbaren unentziehbaren Anspruch gegenüber dem Aussteller des Universalgutscheins. Daher ist die Übertragung des Universalgutscheins als Sachbezug an den Arbeitnehmer die lohnsteuerbare Zuwendung. Der Eintausch des Universalgutscheins gegen einen Zielgutschein ist demnach die nichtsteuerbare Lohnverwendung.

 

5. Universalgutschein berechtigt zum Bezug von Waren und Dienstleistungen

Nach dem § 8 Abs. 1 S. 3 EStG muss ein Gutschein ausschließlich gegen Waren oder Dienstleistungen einlösbar sein. Die Produktpalette des Ausstellers eines Universalgutschein umfasst die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung erworbenen Zielgutscheine und ggf. auch andere Sachbezüge. Ein Zielgutschein ist – ebenso wie ein Universalgutschein – ein Recht zum Bezug von Waren und Dienstleistungen bei dem Aussteller des Zielgutscheins oder seinen Akzeptanzstellen. Nach dem BMF-Schreiben (BMF-Schreiben Randziffer 13) fallen auch Rechte, z.B. Fahrberechtigungen, Nutzungsrecht von Fahrrädern, Carsharing, E-Scootern, Streamingdienste für Film und Musik unter das Begriffspaar „Waren oder Dienstleistungen“ in Form von Bezugsrechten (Zielgutscheine). Daher berechtigt der Universalgutschein zum Bezug von Waren und Dienstleistungen. Darüber hinaus hat die Einlösung des Universalgutscheins lohnsteuerlich keine Bedeutung, da sie eine nicht steuerbare Lohnverwendung ist.

 

6. Universalgutschein erfüllt die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG

Die neue Regelung des § 8 Abs. 1 S. 3 EStG n.F. verweist auf die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG. Letztere Vorschrift regelt (aufsichtsrechtlich), unter welchen Beschränkungen E-Geld oder andere Zahlungsinstrumente, wie z.B. Prepaid-Kreditkarten, von den aufsichtsrechtlichen Reglementierungen des ZAG befreit sind. Die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 10 ZAG gilt ausschließlich für Drei-Parteien-Verhältnisse (E-Geld) bestehend aus Aussteller, Akzeptanzstellen und Berechtigte (vgl. Findeisen, in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsecht, 3. Aufl., 2020, § 1 Rz. 538). Im Rahmen des § 2 Abs.1 Nr. 10 Buchst. a ZAG wird eine Beschränkung der Akzeptanzstellen gefordert (limited network). Der Umfang der Produktpalette der Akzeptanzstellen ist dabei unerheblich (möglicherweise a.A. BMF-Schreiben Randziffer 13 „Tankgutscheine“), da die Beschränkung der Produktpalette in § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b) ZAG gesondert geregelt ist.

Ein sog. Zwei-Parteien-Gutschein ist ausschließlich bei dem Aussteller des Gutscheins gegen Waren und Dienstleistungen aus seiner eigenen Produktpalette einlösbar. Die Einlösung eines Zwei-Parteien-Gutscheins ausschließlich bei dessen Aussteller ist die maximale Beschränkung der Akzeptanzstellen. Mit anderen Worten: Es gibt keinen begrenzteren Kreis von Akzeptanzstellen als die Einlösung eines Gutscheins bei dessen Aussteller. Die Begrenzung des Zwei-Parteien-Gutscheins ist daher noch enger als die Beschränkungen der Drei-Parteien-Gutschein bzw. Geldkarten nach den Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG.

Die Anerkennung von Zwei-Parteien-Gutscheinen als Sachbezug wurde auch im Rahmen des gesamten Gesetzgebungsverfahren zur Neuregelung nicht angezweifelt. Im ersten Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen war der Zwei-Parteien-Gutsschein sogar der einzige noch als Sachbezug anzuerkennende Gutschein (BR-Drs. 356/19, S. 24).

Das BMF-Schreiben hat diese Bewertung von Zwei-Parteien-Gutscheinen in Randziffer 9a übernommen. In dem BMF-Schreiben wird in der Randziffer 9 a klargestellt, dass Zwei-Parteien-Gutscheine ohne weitere Prüfung die Anforderungen des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG erfüllen (BMF-Schreiben Randziffer 9 a). Die in Randziffer 10 des BMF-Schreibens beschriebenen Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a ZAG (sog. limited network) müssen daher folgerichtig ausschließlich die Drei-Parteien-Gutscheine bzw. Geldkarten erfüllen. Daher wird in der Randziffer 10 des BMF-Schreibens folgerichtig ausschließlich auf die in Randziffer 9 b des BMF-Schreibens beschriebenen Drei-Parteien-Gutscheine oder Geldkarten Bezug genommen.

Wie oben in dem Abschnitt 4. dargelegt wurde, ist der Gegenstand der Lohnzuwendung das mit dem Universalgutschein verkörperte Bezugsrecht. Der Universalgutschein berechtigt ausschließlich bei seinem Aussteller zum Bezug von Zielgutscheinen aus dessen eigener (Erwerb der Zielgutscheine im eigenen Namen und auf eigene Rechnung) Produktpalette. Daher erfüllt der Universalgutschein als Zwei-Parteien-Gutschein die Kriterien des § 2 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. a ZAG. Die Einlösung des Universalgutscheins ist eine nicht lohnsteuerbare Lohnverwendung.

 

7. Ergebnis und Ausblick

Die Auslegung der Neuregelung § 8 Abs. 1 S. 3 EStG anhand ihres Wortlauts, der Entwicklung im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens, ihrer Systematik sowie dem Sinn- und Zweck führt zu dem Ergebnis, dass der Universalgutschein in der hier geschilderten Ausprägung die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 S. 3 EStG erfüllt. Die o.a. Ausführungen haben gezeigt, dass, wie schon bisher, bei der lohnsteuerlichen Beurteilung von Sachverhalten eine strikte Trennung zwischen der Lohnzuwendung (Ausgabe des Universalgutscheins an den Arbeitnehmer) und der lohnsteuerlich unbeachtlichen Lohnverwendung (Einlösung des Universalgutscheins) erfolgen muss. Wird die Trennung zwischen der Ausgabe des Universalgutscheins und dessen Einlösung nicht beachtet, führt dies zu einer unzulässigen Änderung des Sachverhalts außerhalb der Gesetzesauslegung, die auch nicht durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise gerechtfertigt werden kann (vgl. BVerfG, BStBl. II 1992, 212). Der Universalgutschein erfüllt auch nicht den Tatbestand des Gestaltungsmissbrauchs (§ 42 AO), weil es den Universalgutschein in seiner Grundstruktur schon seit vielen Jahren gibt und die Vorschrift ohnehin nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. BStBl. II 2021, 580; 385) sehr restriktiv auszulegen ist.


Unsere Empfehlung: Jede Firma kann sich vor Einsatz der Lösung zusätzlich absichern, indem eine sog. Anrufungsauskunft bei dem für die Firma zuständigen Finanzamt veranlasst wird. Im Rahmen dieser wird geprüft, inwieweit die BONAGO Lösung im speziellen Kontext des jeweiligen Unternehmens die Voraussetzungen des Sachbezugs erfüllt. Die von uns bereitgestellten Inhalte und Informationen stellen keine Steuer- oder Rechtsberatung dar und ersetzen diese auch nicht. In diesem Zusammenhang ist eine Haftung von BONAGO ausgeschlossen.

 

Es grüßen Sie unsere Gastautoren:

Dr. Matthäus Schindele, Rechtsanwalt und Gründungspartner der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft

Dr. Steffen Rapp, Steuerberater und Gründungspartner der Annerton Rechtsanwaltsgesellschaft

 

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AutorIn:

Anna Becker

Anna Becker ist Treiber der Innovation im HR Bereich von BONAGO – seit ihrem Einstieg ist sie dafür bekannt, die neuesten Entwicklungen im Personalbereich vorzustellen und zu etablieren. Mittlerweile gilt sie als Expertin für Mitarbeiterbindung, Mitarbeiterbelohnung und Social Recognition. Anna Beckers favorisierte Maßnahme zur Mitarbeiterbindung ist die MitarbeiterCARD, weshalb sie ihre neuen Erkenntnisse und Ideen zur Verbesserung stets an die Kollegen weitergibt. Ihr Wissen verbreitet sie nicht nur auf dem BONAGO-Blog, Events wie die Zukunft Personal und Business Netzwerke sind ihre zweite Heimat.